Blasen- und Nierenerkrankungen beim Kaninchen
Anzeichen einer Erkrankung:Erste Anzeichen für Blasen- und Nierenerkrankungen beim Kaninchen sind meist: - Stärkeres Urinieren verbunden mit einem feuchten Afterbereich
- Schmerzen beim Urinieren - das Tier fiept beim Urinieren und krümmt den Rücken
- Blut im Urin
- Schmerzlaute vom Tier, die nicht näher eingeordnet werden können.
- Übel riechender Urin.
- Häufiges Lecken an der Harnröhrenöffnung
Urinveränderungen:
Kaninchenurin hat eine leicht gelbliche über orange bis sogar braune Farbe. Die Farbe des Urins kann je nach Fütterung stark variieren. Der Urin ist normalerweise klar. Wird viel Kalzium ausgeschieden, hat er eine weißliche Trübung und weißliche Ausflockungen. Der PH Wert des Kaninchenurins liegt zwischen 8 und 9. Im Krankheitsfall kann der PH Wert verändert sein, Teststreifen aus der Apotheke können einen ersten Hinweis auf Probleme liefern, sind aber unzuverlässig. Im fortgeschrittenen Erkrankungen kommt es zu Gewichtsabnahme, Nahrungsverweigerung, Aktivitätsverlust und schließlich zum Tod des Tieres.
Erkrankungen der Harnableitenden Wege:
Blaseninfektion: Eine durch Keime/Bakterien verursachte Infektion der Blasenwand. Es kommt zu den oben genannten Symtomen. Häufig ist so eine Infektion einer der Hauptauslöser für spätere Blasensteine.
Blasenschlamm/Blasengries: Mitunter lagern sich beim Kaninchen Kalziumkristalle in der Blase ab und bilden den sogenannten "Blasenschlamm". Ein Kalziumüberangebot durch Konzentratfutter, Blaseninfektionen, eine verminderte Flüssigkeitsaufnahme und eine angeborenen Prädisposition begünstigen die Bildung von Blasenschlamm. Bei gesunden Kaninchen wird auch ein Überangebot an Kalzium normalerweise über Niere und Blase und dann sichtbar als weißlicher Urin ausgeschieden. Ist die Blasenöffnung verengt (z.B. durch eine Infektion), sammelt sich der Blasenschlamm in der Harnblase und reizt die Blasenwände, das Kaninchen hat dadurch Schmerzen, vor allem beim Wasserlassen und wird druckempfindlich am Bauch. Vermehrtes Ausscheiden von Blasenschlamm ist im Grunde nicht bedenklich, kann aber auch auf bestehende Fütterungsprobleme (zu hohes Kalziumangebot) hinweisen. Blasenschlamm in der Blase (durch Röntgenbilder zu sehen) gilt als Vorstufe zu Blasensteinen. Grober Blasenschlamm wird auch als Blasengries bezeichnet, hier sind die Kristalle etwas gröber und das Ausscheiden fällt schwerer.
Blasenstein: Es gibt verschiedene Zusammensetzungen bei Blasensteinen, am häufigsten kommen kalziumhaltige Blasensteine vor. Es wird vermutet, dass die Tiere eine Prädisposition aufweisen müssen um Blasensteine zu bekommen. Ein Überangebot von Kalzium durch Konzentratfütterung (Pellets, Trockenfutter, zu viele Trockenkräuter) und eine verminderte Aufnahme von Flüssigkeit verstärkt dann die Gefahr von Blasensteinen. Blasensteine verursachen meist Schmerzen und Blut im Urin.
Niereninfektion: Eine durch Keime/Bakterien verursachte Infektion der Nieren. Diese führt zu starken Schmerzen, Gewichtsverlust, Aktivitätsverlust.
Diagnose:
Dem Tierarzt stehen diverse Möglichkeiten zur eindeutigen Diagnose von Erkrankungen der harnableitenden Wege zur Verfügung. Blasensteine und Blasenschlamm werden idealerweise mit einem Röntgenbild abgesichert. Infektionen können mit Urinteststreifen festgestellt werden, ebenfalls kommt eine mikroskopische Untersuchung des Harnsediments in Frage. Auch der einfache Tastbefund (Schmerzempfinden) des Kaninchens kann Hinweise auf die Erkrankung geben.
Therapie:
Blaseninfektion/Niereninfektion: Im Allgemeinen wird ein Antibiotikum verabreicht, idealerweise nach einer vorgehenden Bestimmung des Erregers. Gut vertragen werden Chloramphenicol, Enrofloxacin und Trimethoprim-Sulfonamid Kombinationen. Das Tier sollte warm gehalten werden (Rotlichtlampe auf einen Teil des Geheges), Wärmeflasche oder handwarmes Heizkissen). Es muss viel Flüssigkeit aufnehmen und sollte mehrmals täglich Kamillentee oder andere Teesorten angeboten bekommen, bzw. notfalls auch eingeflößt bekommen. Als Folge einer Blasenentzündung kann es zu Blasenschlamm/Blasengries kommen, deshalb sollte gerade bei einer Infektion wirklich viel Flüssigkeit gegeben werden und es wird kalziumreduziert gefüttert.
Blasenstein: Selten gehen Blasensteine von selber ab. Nur wenn sie klein genug sind und das Kaninchen viel trinkt, besteht eine geringe Möglichkeit, dass es den Stein von selber los wird. Mitunter hilft es, wenn der Urin massiv angesäuert wird, dann werden kleinere Steine aufgelöst. In den meisten Fällen ist es leider nötig, den Stein operativ zu entfernen. Es ist sinnvoll, den Stein auf seine Beschaffenheit untersuchen zu lassen. So kann im Anschluss an die Operation eine geeignete Diät für das Tier gefunden werden, die eine Neubildung von Steinen verzögert. Vor allem bei Struvitsteinen kann Allrodin UTI-Aid Kn gegeben werden, welches allerdings eher zur Kurzzeittherapie geeignet ist.
Bei Erkrankungen der harnableitenden Wege hat es sich als sinnvoll erwiesen, den Tieren Kräutertees, frische Kräuter und auch spezielle getrocknete Kräuter anzubieten. Besonders zu nennen ist hier: Löwenzahn (die ganze Pflanze und Wurzel, frisch oder getrocknet oder als Tee) - dieser enthält zwar viel Kalzium, wirkt sich aber so positiv auf Blasenentzündungen aus, dass er trotzdem gegeben werden sollte. Ebenfalls positiv wirken: getrocknete Brennnessel (getrocknet und als Tee). Birkenblätter (frisch, getrocknet und als Tee). Kamillentee wird abwechselnd gegeben, er wirkt entzündungshemmend. Schafgarbe und Spitzwegerrichkraut können ebenfalls frisch und getrocknet angeboten werden.
Blasenschlamm/Blasengries: Hier ist meist eine Futterumstellung nötig. Pelletfutter, Trockenfutter und Mastfutter sind komplett von der Futterliste zu streichen! Es muss konsequenter darauf geachtet werden, dass der Gehalt an Phosphor und Kalzium in der Nahrung ausgeglichen ist. Den Gehalt an Phosphor und Kalzium können Sie dieser Liste entnehmen: Frischfutterliste. Wichtig: Futterumstellung meint nicht, dass alle Futtermittel die Kalzium enthalten zu streichen sind, dadurch würde es zu einem gefährlichem Ungleichgewicht und schlimmstenfalls zur Knochenerweichung und Zahnproblemen beim Tier kommen! Getrocknete Kräuter gelten als Konzentratfutter und können Blasenschlammprobleme verstärken, da sie einen sehr hohen Kalziumanteil haben. Auf keinen Fall werden im Winter deshalb aber die Trockenkräuter komplett weg gelassen, kann nicht ausreichend frisches Grünfutter (Wiesengrün - nicht Gemüse!) zur Verfügung gestellt werden, kommt es sonst zu einem massiven Proteinmangel! Blasenschlammpatienten sollten also auch im Winter jede Woche eine hochwertige Mischung aus Trockenkräutern, Blättern und Blüten bekommen, etwa 20 g Kräuter (+Blätter und Blüten) pro kg Tier die Woche reichen dann aus. Gesunde Tiere dürfen mehr davon. Was viele nicht wissen: Heu hat einen viel höheren Kalziumwert als die meisten Trockenkräuter (1 - 3 g pro 100 g!) Trotzdem wird es natürlich nicht reduziert, aber es wird vor allem im Sommer nach Möglichkeit durch sehr viele frische Kräuter und frisches Gras ergänzt oder ersetzt. Frische Kräuter enthalten ebenfalls augenscheinlich viel Kalzium, da aber mit den frischen Kräutern gleichzeitig Flüssigkeit aufgenommen wird, wird der Urin verdünnt und das Kalzium besser ausgeschieden. Des Weiteren ist der Kalzium/Phosphorgehalt bei nahezu allen Kräutern ausgeglichen und auch der übrige Nährstoffgehalt von Kräutern ist optimal für Kaninchen. Gemüse und Grünfutter werden also nicht reduziert! Alle Grünfutter- und Gemüsesorten dürfen frisch weiter in normalen Mengen verfüttert werden, es sollten sogar unbedingt mehr Grünfutter und Gemüse angeboten werden, damit mehr Flüssigkeit aufgenommen wird und der Blasenschlamm damit besser abgehen kann!
Unterstützend kann das Präparat RodiCare Uro verabreicht werden.
Die gesunde Ernährung von Kaninchen besteht überwiegend aus frischem Grünfutter, sowie aus Heu und Gemüse. Bekommen Kaninchen ausreichend Frischfutter, ist die Gefahr von Blasenschlam gering. Eine einseitige Ernährung mit viel Heu, vielleicht sogar Trockenfutter und wenig Gemüse/Grünfutter ist leider häufig ein auslösender Faktor, für Blasenerkrankungen.
Quellen unter anderem
Gabrisch und Zwart Krankheiten der Heimtiere; Schlütersche; Auflage 2005 (und Studienausgabe 1989)
Anja Ewringmann Leitsymptome beim Kaninchen / Diagnostischer Leitfaden und Therapie
Wenzel/Albert Kaninchenkrankheiten
Winkelmann Kaninchenkrankheiten Ulmer Verlag
Isenbügel Heimtierkrankheiten
Kraft; Hein; Emmerich Dosierungsvorschläge für Arzneimittel bei Kleinnagern, Kaninchen und Frettchen; Schattauer
Peter C. Berghoff Kleine Heimtiere und ihre Erkrankungen
Walter Baumgartner, Klinische Propädeutik der inneren Krankheiten und Hautkrankheiten der Haus- und Heimtiere, Verlag Parey, 6. Auflage 2005
Kathy Smith; Rabbit Health in the 21st Century, second Edition; iUniverse.
Jörg Grünwald, Christof Jänicke Grüne Apotheke GU Verlag
Bianca Spennemann:
Harnuntersuchung beim Heimtierkaninchen
Referenzbereiche für Urinparameter bei Kaninchen und Meerschweinchen
Stephanie Rappold;
Vergleichende Untersuchungen zur Urolithiasis bei Kaninchen und Meerschweinchen
Andrea Niebergall;
Sonographische Befunderhebung am männlichen und weiblichen Harntrakt und am weiblichen Geschlechtsapparat von Zwergkaninchen und Meerschweinchen
Weitere Quellen hier: Quellen der Nager Info
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