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Trommelsucht /Blähungen bei Kaninchen

Trommelsucht ist auch bekannt als Blähsucht, Blähung, Aufgasung oder Tympanie. Die Bezeichnung wird wohl daher abgeleitet, dass die Kaninchen bei akuter Trommelsucht mit den Hinterläufen klopfen (eine weitere Erklärung wäre, dass es klopfende Geräusche gibt wenn die Gase abgehen). Im Darm der Kaninchen entstehen durch den Zersetzungsprozess beim Aufspalten der Nahrung Gase. Diese gehen normalerweise über die Darmwände und über den After ab. Wenn der Darm verstopft ist, der Nahrungsbrei also nicht durchlässig genug ist um Gase abgehen zu lassen, zu viele Gase entstehen oder sich viele Gasbläschen bilden, dann stauen diese sich im Darm. Dies verursacht durch den Druck auf die Darmwände starke, oft krampfartige Schmerzen. Starke Blähungen können die Verdauung nachhaltig stören und im Extremfall kommt es sogar zum Tod des Tieres durch Schmerzen, Futterverweigerung und die gestörte Verdauung. Deshalb ist es extrem wichtig Blähungen umgehend korrekt zu behandeln und natürlich beim ersten Anzeichen einer solchen Erkrankung unverzüglich einen Tierarzt aufzusuchen!

Anzeichen von Trommelsucht?

Kaninchen zeigen eine Trommelsucht sehr deutlich an.

  • Bei starken Blähungen ist die Bauchdecke stark angespannt. Häufig ist die Aufblähung des Bauches auch gut zu sehen und zu ertasten. Bei sehr starker Aufgasung kommt es zu einem hohl klingenden Geräusch, wenn gegen die Bauchdecke geklopft wird.
  • Kaninchen verweigert bei akuter Tympanie die Nahrungsaufnahme oder fressen nur sehr wenig.
  • Im Anfangsstadium sitzen sie mit rundem Rücken in der Hocke, meist mit leicht gesträubtem Fell und atmen stärker in den Flanken. Sie wirken aufgeplustert.
  • Im fortgeschrittenen Stadium bekommen sie Atemnot, starke Flankenatmung, sitzen mit panisch aufgerissenen Augen teilnahmslos im Gehege. Sie kühlen stark aus und wirken irgendwann apathisch.
  • Sie haben sichtbare Schmerzen und knirschen häufig mit den Zähnen.

Was löst die Trommelsucht aus?

Meist entsteht die Trommelsucht wenn ungewohntes Frischfutter oder Trockenfutter in solchen Mengen gegeben wird, dass der Darm überfordert ist - dadurch kommt es zu starken Fehlgärungen im Darm. Vor allem im Sommer müssen die Tiere vor dem Raussetzen erst langsam an frisches Gras etc. gewöhnt werden, sonst entstehen diese schmerzhaften Blähungen sehr schnell. Siehe auch: Kleine Graserei / Umstellung. Auch wenn die Tiere sehr unausgewogen oder schlicht falsch ernährt werden, z.B. nur einmal ab Tag frisches Futter bekommen, dadurch schlingen und zu viel Luft schlucken kommt es schnell zu Aufgasungen.

Stark blähendes/gährfähiges Futter wie Kohl, Hülsenfrüchte, Zwiebelgewächse, Klee und feiner Rasenschnitt sowie angegorenes, gefrorenes oder erwärmtes Gras verursachen, vor allem wenn sie ungewohnt sind oder in großen Mengen gegeben werden, häufig gefährlichen Blähungen.

Ebenso kann es auch bei vorhandenen anderen Krankheiten wie Zahnfehlstellungen etc. zu Trommelsucht kommen, da dann ja auch eine Nahrungsumstellung stattfindet.

Die Gabe verschiedener Medikamente, vor allem Antibiotika und weitere Medikamente, die aktiv in die Darmflora eingreifen, kann Aufgasungen verursachen.

Ein Grund für Trommelsucht kann auch gespritztes und nur unzureichend gewaschenes Gemüse oder Obst sein (also eine Vergiftung). Oder nicht gut abgetrocknetes Gemüse oder Grünfutter.

Bewegungsmangel und Übergewicht ist oft auch ein Grund für Darmprobleme. Kaninchen benötigen viel Auslauf um den Darm in Schwung zu halten, Bewegung kann helfen, Blähungen zu lösen.

Seltener ist eine bakterielle Infektion der Grund für Trommelsucht. Mitunter sind Colibakterien oder Kokzidien der Grund für häufiger wiederkehrende Trommelsucht.

Ein massiver Befall mit Hefepilzen kann ebenfalls Aufgasungen hervor rufen: Darmmykose (Hefepilzinfektion im Darm).

Wichtig:

Stellen Sie massive Aufgasungen bei Ihren Kaninchen fest, müssen Sie unverzüglich einen Tierarzt aufsuchen.
Starke Blähungen können innerhalb weniger Stunden zum Tode des Tieres durch Stress führen! Der Tierarzt wird das Tier gründlich untersuchen und die Aufgasung mit einem Röntgenbild verifizieren um andere Erkrankungen auszuschließen. Dann wird er etwas entkrampfendes Spritzen und weitere Medikamente verordnen. Üblicherweise werden Schmerzmittel gegeben, denn die Tiere verweigern sonst die Nahrungsaufnahme, besonders gut eignet sich bei Krämpfen Metamizol also beispielsweise Novalgin (Dosierung: 50 mg/kg Metamizol = ~0,1 ml Tropfen/kg) oral, alle 4 - 6 Stunden). Ist das nicht zur Hand, sollte auf jeden Fall ein anderes Schmerzmittel, beispielsweise Metacam (0,2 mg/kg tägl) verabreicht werden. Zur Unterstützung des Kreislaufes wird eine Infusion gespritzt. Außerdem wird grundsätzlich ein Medikament mit dem Wirkstoff Simeticon eingegeben (s. U.) um die Gasbläschen im Darm aufzulösen. Um die Darmtätigkeit anzuregen wird bei gleichzeitigem Durchfall auch Metoclopramid (Emeprid) verabreicht. Colosan kann sich positiv auf den Darm auswirken.

Bei Blähungen sollten ohne genaue Ursachenkenntnis keine Antibiotika angewendet werden. Antibiotika greifen auch die gesunden Bakterien im Darm an und sind meist ohnehin nutzlos bei einer Aufgasung.

Bei extremen Fällen von Aufgasung wird mitunter versucht, den Darm oder Magen zu entgasen. Zur Darmentgasung wird eine Kanüle in den entsprechenden Bereich eingeführt und das Gas wird so langsam zum Entweichen gebracht. Der Magen wird über eine Magensonde entgast. Diese Methoden sind umstritten, denn sie stresst das Tier, ist Schmerzhaft und kann, wenn der Tierarzt nicht sehr geübt darin ist, zu massiven inneren Verletzungen führen.

Bei wiederkehrender Trommelsucht muss eine Kotprobe entnommen werden, um die Ursache der Trommelsucht eindeutig fest zu stellen.

Grundsätzlich ist es wichtig, die Ursache für die Trommelsucht herauszufinden und die Haltung oder Fütterung entsprechend zu ändern.

Sofortmaßnahmen bei Trommelsucht (bis zum Tierarztbesuch und als weiterführende Therapie):

Bis die massive Aufgasung abgeklungen ist, darf das Kaninchen vorwiegend Wasser/Tee und Heu, wenig Grünfutter und getrocknete Kräuter zu sich nehmen! Gemüse, vor allem Blattgemüse und Kohlsorten, werden sofort abgesetzt. Heu sollte immer im Käfig vorhanden sein. Getrocknete Kräuter wie Pfefferminze, Dill, Kamille, Melisse und Schafgabe wirken lindernd und können gern angeboten werden. Wiesengrün und anderes Grünfutter sollte vorerst nur in kleinen Portionen über den Tag verteilt gegeben werden, um einer Verstopfung vorzubeugen. Frische Kräuter, Blätter und Blüten sind ebenso nur in kleinen Mengen erlaubt. Sobald die massive Blähungen sich gebessert hat (der Bauch also nicht mehr hart und aufgebläht ist), wird das Kaninchen vorsichtig wieder an Frischfutter gewöhnt. Dazu werden kleine Stückchen Fenchel, Reibeäpfel (kurz zum Anbräunen stehen lassen), dazu (evtl. geriebene) Karotte gereicht. Die Diät wird nicht länger als 2 Tage durch geführt, halten die Aufgasungen länger an, muss jede weitere Diät mit dem Tierarzt abgesprochen werden. Frisst das Kaninchen vor Schmerzen nicht freiwillig und helfen Schmerzmittel nicht, darf das Tier natürlich einfach alles fressen, was es gern mag - hauptsache es frisst überhaupt. Hier wäre jede Form von Diät oder Futtermitteleinschränkung falsch!

Sab Simplex® Tropfen, Lefax® oder ein anderes Medikament mit dem Wirkstoff Simeticon oder Dimeticon ist einzugeben. Mehrmals täglich (in heftigen Fällen alle 2 Stunden) etwa 0,3 ml/kg vermischt mit der gleichen Menge Wasser. Anschließend kann der Bauch vorsichtig mit kreisenden Bewegungen massiert werden (eher streicheln, nicht drücken!). Bei starker Aufgasung kann auch wesentlich mehr von dem Mittel eingegeben werden - als Notfallgabe auch 2 - 3 ml zu Anfang um massive Aufgasungen zu lösen.

Geben Sie dem Tier zum krampflösen Fencheltee, Kümmeltee oder Pfefferminzetee.

Mitunter wird zu einer Wärmflasche geraten, wir raten aber eher von zusätzlicher Wärme ab. Zwar entspannt Wärme, aber ebenso bringt die zusätzliche Wärme den Darminhalt stärker zum gären, so dass die Blähungen stärker werden.

Sollte das Kaninchen eine Nahrungsaufnahme verweigern, müssen Sie es päppeln, Anweisungen dafür finden Sie hier: Päppeln. In so einem Fall ist allerdings fast alles erlaubt, bieten Sie dem Tier das gesamte Spektrum an Lieblingsfutter an.

Darmflora:

Die beschädigte Darmflora der Kaninchen muss wieder aufgebaut werden. Dazu wird vom Tierarzt meist Bird Bene Bac verabreicht, dieses Gel besteht aus gefriergetrockneten Bakterien, welche der Darmflora helfen soll, sich wieder zur regulieren.

Einfacher und gesünder wäre es natürlich, den Tieren Blindarmkot gesunder Kaninchen anzubieten, häufig versuchen die Kaninchen von sich aus, ihren Gehegegenossen diesen Kot zu stibizen. Als Mensch wird man da aber leider kaum dran kommen, aber es reicht auch aus, frische Köttel von gesunden Tieren aufzulösen und in den Päppelbrei zu mischen oder so zu verabreichen. Alternativ kann Pro Pre Bac gegeben werden.

Mitunter wird behauptet, Joghurt würde sich positiv auf die Darmflora von Kaninchen auswirken - das stimmt nicht. Zwar stimmt es, dass im Joghurt die entsprechenden Bakterienkulturen lebend vorhanden sind und in Präparaten wie Omniflora oder Bird Bene Bac nur gefriergetrocknete Kulturen, die ebenfalls aus Milchprodukten gewonnen wurden, vorhanden sind. Aber: Kaninchen vertragen Milchprodukte wegen des hohen Anzeils an Milchzucker (Lactose) nur sehr schlecht. Kaninchen haben eine Lactoseintolleranz (sie stellen nur bis zum Abstillen Laktase her, welche die Lactose aufspaltet). Lactose wird von Kaninchen im Dünndarm nicht ausreichend in Galactose und Glucose aufgespalten und gelangt unverdaut in den Dickdarm, dort wird sie dann von den Darmbakterien vergoren, was zu Blähungen und Durchfall führt. Auch geringe Mengen Joghurt können diesen Effekt beim Kaninchen haben und sind deshalb bei Darmerkrankungen eher kontraproduktiv. Wird ein Joghurt mit vielen Milchsäure-Bakterien angeboten, gelangen diese zu einem großen Teil mit in den Dickdarm und spalten dort weiter Lactose auf - die Gefahr von Blähungen und Durchfall sinkt, deshalb bekommen viele Kaninchen zwar von neuartigen Joghurtsorten keinen Durchfall und keine Blähungen mehr, aber der therapeutische Nutzen ist nicht gegeben, da nur ein geringer Anteil Bakterien überhaupt im Dickdarm ankommen und durch die Lactose der Darm zusätzlich belastet wird.

Quellen unter anderem

Gabrisch und Zwart Krankheiten der Heimtiere; Schlütersche; Auflage 2005 (und Studienausgabe 1989)

Anja Ewringmann Leitsymptome beim Kaninchen / Diagnostischer Leitfaden und Therapie

Wenzel/Albert Kaninchenkrankheiten

Winkelmann Kaninchenkrankheiten Ulmer Verlag

Isenbügel Heimtierkrankheiten

Kraft; Hein; Emmerich Dosierungsvorschläge für Arzneimittel bei Kleinnagern, Kaninchen und Frettchen; Schattauer

Peter C. Berghoff Kleine Heimtiere und ihre Erkrankungen

Walter Baumgartner, Klinische Propädeutik der inneren Krankheiten und Hautkrankheiten der Haus- und Heimtiere, Verlag Parey, 6. Auflage 2005

Kathy Smith; Rabbit Health in the 21st Century, second Edition; iUniverse. Jörg Grünwald, Christof Jänicke Grüne Apotheke GU Verlag

Untersuchungen zur kurzfristigen Ernährung von Zwergkaninchen und Meerschweinchen über eine orogastrale Sonde bei Variation der Zusammensetzung (Komponenten, Nährstoffgehalt und Energiedichte) des applizierten Futters

Weitere Quellen hier: Quellen der Nager Info